Vivant-Fraktion fordert striktere Maßnahmen gegen Billigimporte: EU-Reaktion bleibt unzureichend
Eupen, den 05. März 2025 – Die Vivant-Fraktion begrüßt die jüngsten Initiativen der Europäischen Kommission, um gegen unsichere und gesundheitsgefährdende Billigimporte aus China vorzugehen. Plattformen wie Shein und Temu wurden als „Very Large Online Platforms“ (VLOPs) eingestuft und müssen sich nun an strengere Vorschriften halten. Doch trotz dieser ersten Schritte bleibt die EU-Politik zu zaghaft, um den Herausforderungen durch die massive Paketflut und die unfairen Wettbewerbsbedingungen wirklich gerecht zu werden.
Mit ihrem neuen Resolutionsvorschlag fordert die Vivant-Fraktion konkrete und verbindliche Maßnahmen, um europäische Verbraucher, ostbelgische Händler und die Umwelt besser zu schützen.
Das Problem: Unfaire Konkurrenz und fehlender Verbraucherschutz
Unkontrollierte Billigimporte:
Allein im Jahr 2024 wurden 4,6 Milliarden Pakete mit einem Wert unter 150 Euro in die EU importiert, 91 % davon aus China. Diese Sendungen profitieren von Zollfreigrenzen, die europäische Händler benachteiligen und eine massive Wettbewerbsverzerrung verursachen. Die geplante Abschaffung der Zollfreigrenze ist ein erster Schritt, reicht jedoch nicht aus, um die strukturellen Probleme zu lösen.
Zollkontrollen überlastet:
Der Flughafen Lüttich ist inzwischen eine zentrale Drehscheibe für chinesische Billigimporte nach Europa. Täglich passieren über eine Million Pakete die dortigen Zollkontrollen – eine Menge, die mit den vorhandenen Kapazitäten nicht bewältigt werden kann. Die Zollbehörden sind der Lage kaum gewachsen: Nur 0,005 % der Sendungen werden am Flughafen Lüttich tatsächlich überprüft, sodass unsichere und nicht konforme Produkte weiterhin ungehindert auf den Markt gelangen.
Einfluss Chinas auf europäische Häfen:
China hat in den vergangenen Jahren massiv in europäische Häfen investiert. Der belgische Hafen Zeebrugge gehört zu 90 % dem chinesischen Staatsunternehmen COSCO. Auch der Hafen von Antwerpen spielt eine Schlüsselrolle im Handel mit China, was strategische Abhängigkeiten schafft und wirtschaftliche sowie sicherheitspolitische Risiken birgt.
Gesundheitsrisiken durch gefährliche Produkte:
Untersuchungen von Testachats, Greenpeace und Umweltverbänden haben gezeigt, dass 40 % der getesteten Kinderkleidung von Shein gesundheitsschädliche Chemikalien enthalten – darunter endokrine Disruptoren, Phthalate, Nickel und Blei. Manche Produkte überschritten die zulässigen Grenzwerte für Blei um das Fünffache und für Phthalate um das Hundertfache.
Manipulative Verkaufsstrategien („Dark Patterns“):
Plattformen wie Shein und Temu setzen bewusst auf psychologische Verkaufsstrategien, um Nutzer zum Kauf zu verleiten:
- Gefälschte Rabatte und künstliche Kaufanreize,
- Psychologischer Kaufzwang durch Zeitlimits oder „begrenzte Stückzahlen“,
- Belohnungssysteme, die gezielt Suchtverhalten fördern.
Umweltbelastung durch Fast Fashion:
Fast Fashion ist eine extrem umweltschädliche Industrie. Während europäische Unternehmen strenge Umweltauflagen erfüllen müssen, profitieren Billigmarken von Lücken im System. Frankreich hat versucht, gegenzusteuern: Ein Gesetz zur Regulierung von Fast Fashion wurde von der Nationalversammlung verabschiedet, ist aber aus der Agenda des Senats verschwunden.
Die Forderung der Vivant-Fraktion: Konkrete Maßnahmen jetzt umsetzen!
Angesichts der weiterhin bestehenden Risiken fordert die Vivant-Fraktion konkrete Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene, um die Wettbewerbsverzerrung zu beenden, Verbraucher zu schützen und die Umweltbelastung zu reduzieren:
- Illegale Produktverkäufe konsequent ahnden: Drastische Geldstrafen für Plattformen, die regelmäßig unsichere Produkte anbieten, Marktzugangsbeschränkungen für Unternehmen, die wiederholt gegen EU-Regeln verstoßen.
- Händlertransparenz sicherstellen: Einführung eines EU-weiten Händlerregisters, Verpflichtung aller Verkäufer, ihren Unternehmenssitz in der EU offenzulegen.
- Zollbehörden stärken: Personelle Aufstockung und automatisierte Kontrollsysteme, Erhöhung der Stichprobenkontrollen, insbesondere für Sendungen aus Hochrisikoregionen.
- Manipulative Verkaufsstrategien verbieten: Striktes Verbot von „Dark Patterns“ und psychologischen Verkaufsmechanismen, Transparenzpflichten für Empfehlungsalgorithmen.
- Umwelt- und Sozialstandards durchsetzen: Einführung einer CO₂- und Umweltabgabe für nicht nachhaltige Produkte, Verpflichtung zur Kennzeichnung ökologisch bedenklicher Produkte.
- EU-weite Marktüberwachung verstärken: Einrichtung einer zentralen europäischen Taskforce zur Überprüfung von Online-Marktplätzen, Einführung eines EU-weiten Meldesystems für gefährliche Produkte.
- Haftung der Plattformen verschärfen: Plattformen sollen für nicht konforme oder gefährliche Produkte direkt haftbar gemacht werden, nicht nur die Händler.
- Aufklärung und Sensibilisierung fördern: EU-weite Kampagnen über die Gefahren von Billigimporten, Aufklärung über nachhaltige Konsumalternativen.
Fazit: Die bisherigen Maßnahmen der EU reichen nicht aus!
Die Vivant-Fraktion sieht die jüngsten Maßnahmen der EU-Kommission als wichtigen Schritt, hält sie jedoch für unzureichend. Solange die Kontrollen an den Zollstellen nicht ausgeweitet, manipulative Verkaufspraktiken nicht verboten und die Haftung der Plattformen nicht verschärft werden, bleibt der europäische Markt offen für gesundheitsgefährdende Produkte, Steuervermeidung und unfaire Konkurrenz.
Daher hat die Vivant-Fraktion einen Resolutionsvorschlag ausgearbeitet, der sich an die EU-Kommission und die Föderalregierung richtet. Ziel ist es, verbindliche Maßnahmen durchzusetzen, um Verbraucher, Umwelt und europäische Unternehmen besser zu schützen. Wir hoffen, dass sich alle Fraktionen dieser Thematik annehmen, damit das Parlament mit einer starken Stimme gegen die Flut an gefährlichen Produkten auftritt – zum Schutz der Menschen, der Umwelt und des ostbelgischen Handels.
Die vollständige Resolution der Vivant-Fraktion kann ebenfalls hier eingesehen werden:
[LINK ZUR RESOLUTION]
Vivant-Fraktion im PDG
Diana Stiel, Elena Peters, Alain Mertes, Michael Balter