Eupen, 16.09.2025:
Die Vivant-Fraktion kündigt eine neue schriftliche Nachfrage an die Regierung an. Anlass ist die unzureichende Antwort auf unsere jüngste schriftliche Frage Nr. 78: unübersichtliche Tabellen, widersprüchliche Angaben – und zentrale Fragen, die gar nicht beantwortet wurden. Unsere eigene Konsolidierung aller von der Regierung übermittelten Listen ergibt für 2019 bis 2024 Beraterkosten von insgesamt 9.955.256,88 Euro inklusive MwSt.(1) Allein 2024 schlagen 2.830.923,67 Euro zu Buche; 2022 waren es 2.082.628,21 Euro, 2021 1.829.451,43 Euro. Nicht enthalten sind juristische, technische und steuerliche Gutachten sowie EU-Audits – die reale Belastung liegt also noch höher.
Statt Transparenz liefert die Regierung Schauwerte. Der Ministerpräsident produziert Social-Media-„Fakten“, posiert mit dickem Ordner und verhaspelt sich zudem bei den Dimensionen der DG-Schulden. Schwer zu tragen, dieser Ordner. Ist das der mit den Schuldscheinen der DG – oder schon der mit den nächsten Einschnitten für die Bürger? Das Problem ist nicht der Versprecher, sondern die Politik dahinter: 1,3 Milliarden Schulden, steigende Zinsen, Sparrunden beim Bürger – und gleichzeitig millionenschwere Beraterverträge. Wir wollen Belege statt Bildsprache. Entscheidend ist: Die Schulden sind auf Rekordniveau, die Zinslast steigt, und dennoch hält die Regierung an teuren Beratungsaufträgen fest, während beim Bürger gekürzt wird. Die Inszenierung steht sinnbildlich für die Lage: Verteidigungsmodus statt Führung, Kulisse statt Klartext.
Der Bürger hat ein Anrecht auf konkrete Zahlen, Evaluierungen, Wirkung – keine Requisiten.
Parallel sollen laut Regierungsbeschluss jährlich acht Millionen zusätzlich eingespart werden – Einsparungen, die angesichts stark steigender Zinslasten schlicht verpuffen.(2) Dass ausgerechnet in dieser Lage Millionen in Beratungsverträge fließen, ist politisch wie finanzpolitisch nicht vermittelbar.
Hinzu kommt der Widerspruch zwischen öffentlicher Sparrhetorik und faktischer Praxis. Während die Regierung von „Sparzwang“ und einem Einstellungsstopp spricht, werden externe Analysen, Strategiepapiere und PR-Leistungen zugekauft – teils durch internationale Konzerne wie PwC oder PR-Agenturen wie MSL.
Wer Probleme auslagert, statt sie zu lösen, betreibt die Externalisierung staatlicher Expertise – und unterminiert Transparenz, Nachvollziehbarkeit und demokratische Kontrolle. Und was ist eigentlich mit der Armada an Ministeriumsmitarbeitern? Überfordert? Überfragt?
Während Sparprogramme mit dem Mantra „Jeder muss seinen Teil beitragen“ vor allem beim kleinen Bürger durchgesetzt werden, werden parallel Beraterhonorare in Millionenhöhe vergeben. Gehälter werden gekürzt, das Kindergeld nicht indexiert, die Pflege als „auf Dauer nicht tragbar“ etikettiert – und dennoch bleibt die Regierung eine nachvollziehbare Begründung für den Umfang der externen Vergaben schuldig. Unsere Fragen nach einer systematischen Erfolgskontrolle sowie nach Kosten-Nutzen-Analysen und Alternativszenarien wurden in der schriftlichen Frage Nr. 78 schlicht ignoriert. Auch zur Jahresabgrenzung fehlen klare Angaben: Split-Jahre wie 2023/2024 werden nicht sauber aufgeschlüsselt, Dubletten bleiben unbereinigt, schulische und einrichtungsbezogene Beratungen sind nur bruchstückhaft erfasst.
Politik braucht Belege, keine Kulissen.
Wir erwarten jetzt eine vollständige, bereinigte und konsolidierte Gesamtliste aller externen Studien- und Beratungsaufträge seit 2019 in einem einzigen Dokument, jahresrein und mit einheitlichen Pflichtangaben: Auftragstitel, Auftragnehmer, Zeitraum, Rechnungsdatum, Netto- und Bruttobetrag inklusive MwSt.-Satz, Vergabeart, Ergebnis und Umsetzungsstand. Split-Jahre sind transparent aufzuteilen, alle Schulen und DG-Einrichtungen lückenlos zu erfassen. Zugleich fordern wir die Nachlieferung einer belastbaren Erfolgskontrolle zu jedem Projekt sowie die Offenlegung des Vorab-Prüfverfahrens mit klaren Kosten-Nutzen-Kriterien und Alternativenprüfung.
Die DG hat ein Führungsproblem.
Wir bleiben an diesem Thema dran und reichen hierzu umgehend eine neue schriftliche Nachfrage ein. Wer einen über Jahre gewachsenen Verwaltungsapparat vorhält, den pro Kopf teuersten Politik-Apparat Europas hat und doch externe Firmen braucht, um die eigenen Schwachstellen zu erklären, hat ein Führungsproblem. Die Bürger haben Anspruch auf Klarheit, Maß und Zweck – und auf eine Regierung, die zuerst Ordnung in die eigenen Strukturen bringt, bevor sie weitere Millionen an Beratungsunternehmen überweist.
Für die Vivant-Fraktion im PDG
Diana Stiel, Elena Peters, Alain Mertes, Michael Balter
(1) siehe Anlagen: SF 246, SF 408, SF 078, Kosten Studien 2019-2024
(2) siehe Anlage: Entwicklung der Zinszahlungen der DG