Ein fortwährender Diskurs ist unabdingbar

Die Regie­rung lässt sich seit Beginn der Kri­se von einer Hand­voll Exper­ten bera­ten. Wider­spruch ist nicht mehr erwünscht, ja inzwi­schen sogar gefähr­lich für Anse­hen und Kar­rie­re. Die Wis­sen­schaft schrei­tet aber nur vor­an, indem sie stän­dig Stand­punk­te kon­fron­tiert. The­sen wer­den auf­ge­stellt, über­prüft, anschlie­ßend ver­wor­fen oder bestä­tigt – ein fort­wäh­ren­der sys­te­mi­scher Dis­kurs. So etwas wie einen wis­sen­schaft­li­chen Kon­sens, wie es seit gerau­mer Zeit ver­mit­telt wird, gibt es nicht.
Die Vor­stel­lung von einer Wis­sen­schaft, die über den Kon­flik­ten steht und in der Lage ist, Wah­res und Fal­sches zu unter­schei­den, ist Aus­druck eines tie­fen Miss­ver­ständ­nis­ses dar­über, wie die Welt der For­schung funktioniert.

Wenn wir als Poli­ti­ker unse­rem Auf­trag gerecht wer­den wol­len, dann müs­sen wir mehr in die Tie­fe gehen und auch Per­so­nen anhö­ren, die Kri­tik an der Regie­rung üben und die Maß­nah­men als unver­hält­nis­mä­ßig erach­ten. Nur so kön­nen wir uns ein genau­es Bild machen. Seit mehr als 14 Mona­ten sind wir im Kri­sen­mo­dus – Per­ma­nen­te Angst wur­de und wird ver­brei­tet – Sach­li­cher Kri­tik an den Maß­nah­men, möch­te man sich nicht stel­len — Aber war­um nicht?

Die nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen der Maß­nah­men sind und waren für brei­te Bevöl­ke­rungs­grup­pen gra­vie­rend – und die­se wer­den vor­aus­sicht­lich noch dra­ma­ti­scher. Des­halb muss die Fra­ge gestellt wer­den, ob die Maß­nah­men ver­hält­nis­mä­ßig waren, und wel­che Alter­na­ti­ven vor­lie­gen. Wir befin­den uns in der größ­ten Kri­se der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te, da soll­te man eigent­lich alle Hebel in Bewe­gung set­zen, um zu ver­su­chen das Best­mög­li­che zu tun, für alle.

Man­chen Kri­ti­kern wird gele­gent­lich auch jetzt noch etwas Raum ein­ge­stan­den. So gab es am 31. März einen sehr objek­ti­ven Bericht im RTBF über die Ver­ei­ni­gung #covid­ra­ti­on­nel, einer Grup­pe von bel­gi­schen For­schern und Medi­zi­nern, die “eine offe­ne und alter­na­ti­ve Visi­on” vor­schla­gen will. Wir emp­feh­len Ihnen die Lek­tü­re die­ses Artikels.

Die meis­ten von uns sind kei­ne Exper­ten, kei­ne Viro­lo­gen und kei­ne Mediziner. 
Des­halb soll­ten, ja müs­sen wir uns auch mit ande­ren Mei­nun­gen aus­ein­an­der­set­zen – um zu ergrün­den was rich­tig und was falsch gelau­fen ist.

Es gibt sehr sach­li­che Bei­trä­ge von füh­ren­den Medi­zi­nern, die die Regie­rung im Umgang mit der Pan­de­mie scharf kri­ti­sie­ren und ein Umden­ken fordern.
Wir müs­sen auf­hö­ren die­se seriö­sen Stim­men vor­ein­ge­nom­men zu ver­ur­tei­len und einen offe­nen, gewinn­brin­gen­den Dis­kurs star­ten. Jetzt!

Die Anfech­tung einer Mehr­heits­mei­nung zu einem bestimm­ten Zeit­punkt darf nicht als Ket­ze­rei dar­ge­stellt wer­den, son­dern muss Teil einer ordent­lich geführ­ten Debat­te sein.

Die Vivant-Frak­ti­on hofft auf eine all­ge­mei­ne Ver­sach­li­chung des gesam­ten Meinungsaustauschs.

Dia­na Stiel
Alain Mertes
Micha­el Balter