Die gestrige Plenarsitzung ist extrem verkürzt worden, denn ursprünglich standen noch einige andere Themen auf der Tagesordnung.
Im Präsidium wurde beschlossen, dass aufgrund der Ordensverleihung, welche für 20 Uhr vorgesehen war, einige Punkte der Tagesordnung verschoben wurden.
Wir hatten dies im Präsidium bereits moniert und es kam zu einer Abstimmung. Alle anderen Fraktionen, bis auf Ecolo (Enthaltung), stimmten für die verkürzte Tagesordnung.
Am Anfang der heutigen Sitzung hat unser Abgeordneter Alain Mertes dies nochmals angesprochen und Herr Lambertz ließ abstimmen – mit demselben Ergebnis.
Ein Unding in unseren Augen.
Abgesehen von dieser Vorgehensweise sind Orden für Politiker in unseren Augen absolut nicht mehr zeitgemäß. Alain Mertes und ich haben natürlich auf diese Orden verzichtet.
Weitere Erklärungen finden Sie in unserer Pressemitteilung:
Die Tagesordnung einer Plenarsitzung des Parlamentes der deutschsprachigen Gemeinschaft wird vom erweiterten Präsidium festgelegt. Die Präsidiumssitzung, auf welcher u.a. der Vorschlag der Tagesordnung einer Plenarsitzung ausgearbeitet wird, findet meist am Montag vor der Plenarsitzung statt. So auch vergangene Woche am 10.02.2020. Zu Beginn einer jeden Plenarsitzung unterbreitet der Parlamentspräsident den Abgeordneten diesen Vorschlag zur Genehmigung. Meistens ist dies eine reine Formsache und die Tagesordnung wird ohne Einwände angenommen.
Heute wird die Vivant-Fraktion den Vorschlag zur Tagesordnung ablehnen. Im Folgenden möchten wir den Grund dafür darlegen:
In der Präsidiumssitzung vom 10.02.2020 wurde, gegen die Stimme des Vertreters von Vivant und bei einer Enthaltung, also von einer breiten Mehrheit beschlossen, die heutige Plenarsitzung auf jeden Fall vor 20h zu beenden. Hintergrund für diese Entscheidung ist die Tatsache, dass für 20h die Verleihung der Nationalen Orden an einige Mitglieder des Parlaments und der Regierung geplant ist.
Um diesen Zeitplan einhalten zu können, wurde die Diskussion und Abstimmung einiger Dokumente auf die Plenarsitzung vom März verschoben. Eine Vorgehensweise, die wir in keiner Weise unterstützen können.
Die parlamentarische Arbeit hat Vorrang, denn dies ist unser Job und dafür werden wir bezahlt! Die Verleihung der Nationalen Orden hätte zu jedem anderen Zeitpunkt organisiert werden können. Sie ist unabhängig von der parlamentarischen Arbeit und steht in keiner Verbindung zur heutigen Sitzung.
Diese Vorgehensweise zeigt sehr deutlich die Priorität der politischen Vertreter der DG: Das Verleihen von Orden steht genauso vor der eigentlichen Arbeit und dem Wohl der Bürger wie beispielsweise auch die Verteilung von politischen Posten.
Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass die Verleihung von Orden und Ehrentiteln gänzlich abgeschafft werden sollte. Vor allem weil alle Politiker für ihr Amt eine Entlohnung erhalten, die in der Regel eher großzügig als zu knapp bemessen ist. Dass Politiker die ihnen anvertraute Verantwortung mit Engagement wahrnehmen und die damit verbundenen Herausforderungen motiviert, zielorientiert und mit Einsatz angehen, darf also erwartet werden.
Leider zeigt die Realität – auch in der DG – dass dies oft anders aussieht. Die Missstände in einigen Senioren- und Pflegeheimen der DG beispielsweise oder die großen Probleme in der medizinischen Versorgung in unseren beiden Krankenhäusern, auf die die Vivant-Fraktion in den letzten Monaten vermehrt hingewiesen hat, zeugen nicht von großem Engagement der politisch Verantwortlichen. Ganz im Gegenteil: Hier wird auch heute noch viel zu viel unter den Teppich gekehrt und verschwiegen.
Solange diese Probleme nicht behoben sind und in unseren Seniorenheimen und Krankenhäusern teils unmenschliche Zustände herrschen, sollte jeder Politiker freiwillig auf jeden Orden oder Ehrentitel verzichten.
Dabei erhält ein Parlamentarier einen nationalen Orden relativ einfach. Mindestens acht Jahre, verteilt auf zwei Legislaturperioden, reichen aus, um beispielsweise für die 1. Verleihung des „Ritter des Leopold“-Ordens vorgeschlagen zu werden. Ob er nun engagiert und zu des Volkes Wohl gearbeitet oder nur seine Zeit abgesessen hat, spielt dabei keine Rolle.
Anfang 2019 wurden vom Parlament u. a. Michael Balter und Alain Mertes, welche beide seit über zehn Jahren Mitglied im PDG sind, für diesen Orden vorgeschlagen. Beide haben den Orden bereits damals abgelehnt, wohl wissend, dass dadurch in Zukunft keine Ernennung oder Beförderung in diesen Orden mehr vorgeschlagen werden kann.
Pflegekräfte aus Seniorenheimen und Krankenhäusern, um dieses Beispiel nochmals aufzugreifen, leisten viel für ihre Mitmenschen. Dies unter immer schwieriger werdenden Arbeitsbedingungen. Sie erwarten dafür keine Ehrentitel oder Orden. Wir Politiker haben aber die Pflicht, die Arbeitsbedingungen endlich zu verbessern und Missstände zu beseitigen.
Strahlende Augen der Heimbewohner und zufriedene Gesichter beim Pflegepersonal sind für uns ein Vielfaches mehr wert als irgendein Orden, egal welches Prestige auch damit verbunden ist.
Für die Vivant-Fraktion,
Alain Mertes
Michael Balter
Diana Stiel