Regierungswechsel und Entlassung von 18 Familienhelfern durch SAFPA

Vivant fordert Ministerpräsident Paasch auf, das Thema Familien- und Seniorenhilfe zur Chefsache zu machen

 

Seit 2007 bietet der Familien- und Seniorenhilfsdienst der sozialistischen Krankenkasse Verviers (SAFPA) seine Dienstleistungen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft an. Nun hat der Dienst seinen 18 deutschsprachigen Mitarbeitern gekündigt. Über 100 Nutznießer, überwiegend pflegebedürftige Senioren, in ganz Ostbelgien wurden von der Nachricht ebenso überrascht, wie die betroffenen Mitarbeiterinnen. 

Der Bedarf für Dienstleistungen, die Familien und vor allem kranke Menschen in der DG von SAFPA in Anspruch genommen haben, ist da. Er nimmt sogar von Jahr zu Jahr zu. Dutzende Familien stehen auf der Warteliste von SAFPA, Vivadom führt schon gar keine Wartelisten mehr. Umso mehr stellen wir uns bei Vivant die Frage, was hier schiefgelaufen ist. Der scheidende Gesundheits- und Sozialminister Antonios Antoniadis (SP) verweist auf die bestehenden gesetzlichen Grundlagen und sieht die Hauptverantwortung bei der Organisation selbst, die es in 17 Jahren nicht geschafft haben soll, sich mit den gesetzlichen Bestimmungen in der DG abzufinden. Diese weichen in der Tat in einigen Punkten von denen der Französischen Gemeinschaft ab, wo die SAFPA hauptsächlich tätig ist. Die SAFPA selbst sieht die Schuld bei der DG-Regierung. Die sei nicht bereit gewesen, tatsächlich anfallende Kosten zu tragen.

Wir finden es sehr bedauerlich, dass es nach all dem Getue und dem ewigen Selbstlob der DG-Regierung um eine Verbesserung der Situation der Beschäftigten im Pflegebereich zu einer solchen Entwicklung kommen konnte. Die Probleme, die die SAFPA letztendlich zu der Einstellung ihres Angebotes in der DG geführt zu haben scheinen, kommen uns nicht als unüberwindbar vor. Man hat vielmehr den Eindruck, dass seitens der DG-Regierung schlechter Wille oder Desinteresse an diesem Dienstleister vorlag, der tatsächlich nur einen Bruchteil des ostbelgischen Bedarfs an Familien- und Seniorenhilfe abdeckt. Vivadom hat einen rund sechs Mal größeren “Kundenkreis”. Es ist jedenfalls in den Augen von Vivant schwer nachvollziehbar, dass in einem Bereich, in dem Fachkräftemangel bei wachsendem Bedarf herrscht, relativ überschaubare Differenzen wie die Erstattung von Mahlzeitchecks oder ein paar Tage zusätzlicher Urlaub zum Bruch geführt haben können.

Das ist vor allem schlimm, weil die bestehenden Seniorenheime in der DG nicht die Kapazitäten haben, um Menschen aus den neun deutschsprachigen Gemeinden aufzunehmen, die auf regelmäßige Hilfe oder eine permanente Aufnahme in ein Wohn- und Pflegezentrum angewiesen sind. Genauso bedauerlich ist es, dass die Pflege daheim oder die Hilfe für Familien durch die zum Teil zumindest von der DG mitverschuldete Situation geschwächt wird. Dabei müsste es das politische Ziel der DG sein, Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden zu halten. Einige der Mitarbeiter, die nicht von Vivadom aufgenommen werden können oder wollen, werden sicher eine Beschäftigung außerhalb Ostbelgiens finden. Das ist schade. Noch schwerer ist zu verstehen, dass der zuständige Minister, der über die Situation lange informiert gewesen sein muss, sich nicht bemüht hat, einen reibungslosen Übergang von einem Dienstleister zum anderen in dieser Frage herbeizuführen. 

Seit Donnerstagmittag wissen wir, dass die bisherige Bildungsministerin Lydia Klinkenberg (ProDG) künftig für den Bereich Gesundheit und Soziales zuständig sein wird. Wir hoffen, dass sie in dieser Akte mehr Engagement und Kompromissbereitschaft an den Tag legt, als sie es im Fall einer Tagesmutter aus einer Randgemeinde gezeigt hat. Für das Durcheinander im Zusammenhang mit diesem Fall und rund um die Umwandlung des RZKB in das ZKB ist nämlich sie politisch zu einem großen Teil mitverantwortlich. 

Vivant fordert deshalb die diensttuende und die künftige Regierung auf, alles daran zu setzen, alle jetzt entlassenen Familienhelfer in der DG zu halten und eine zufriedenstellende Lösung für alle Beteiligten zu erarbeiten. Auch wenn es in den letzten Tagen für Ministerpräsident Paasch und seine Partner von CSP und PFF vor allem darum gegangen zu sein scheint, Posten zu verteilen, wie wir seit Donnerstag wissen. Ansonsten muss man sich die Frage stellen, was der DG-Regierung eine gelungene Familien- und Sozialpolitik wert ist. 

Der Bedarf an Familienhilfe kann jeden in Ostbelgien eines Tages betreffen. Wir von Vivant fordern daher den alten und neuen Ministerpräsidenten auf, sich dieser Angelegenheit höchstpersönlich und in aller Dringlichkeit anzunehmen!

Michael Balter, Elena Peters, Diana Stiel, Alain Mertes

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