Corona-Abzeichen?

In der Ple­nar­sit­zung vom letz­ten Mon­tag spra­chen wir das in der Regie­rungs­er­klä­rung ange­scho­be­ne The­ma „Brü­cken bau­en“ an und zeig­ten auf, dass die aktu­el­len Regie­run­gen mit ihrer bis­he­ri­gen Her­an­ge­hens­wei­se eher die Spal­tung der Gesell­schaft för­dern, ja die­se sogar bewusst in Kauf nehmen.

Die seit Mona­ten erhöh­te Schlag­zahl der täg­li­chen Nach­rich­ten, wel­che weder auf­bau­en­de noch angst­neh­men­de Ele­men­te beinhal­ten, son­dern ein­zig auf das Auf­recht­erhal­ten der Angst abzie­len, haben vie­le Men­schen in eine Schock­star­re geführt. Der Ton wird zuneh­mend rau­er, die Befür­wor­ter und Kri­ti­ker des Kri­sen­ma­nage­ments ste­hen sich in ver­här­te­ten Fron­ten gegen­über. Bekann­ten­krei­se fal­len aus­ein­an­der, Freund­schaf­ten zer­bre­chen und Fami­li­en wer­den entzweit.

Die stän­di­gen Furch­tap­pel­le sind ja kei­ne neue Erfin­dung, son­dern wur­den in der Geschich­te der Mensch­heit schon immer von den ver­schie­dens­ten Gewal­ten genutzt. Die Bun­des­zen­tra­le für gesund­heit­li­che Auf­klä­rung hat im Jahr 1998 das Ele­ment der Furch­tap­pel­le als Mit­tel der Gesund­heits­prä­ven­ti­on in ihrer 150-sei­ti­gen Schrift­rei­he „Prä­ven­ti­on durch Angst?“ sehr gut umschrieben.

So zum Bei­spiel, dass Appel­le an die Angst mit star­kem Bedro­hungs­cha­rak­ter und mas­si­ven Fol­gen (z. B. Aids) eher wir­ken als sol­che mit nicht-leta­ler Bedro­hung, und zudem erst lang­fris­ti­gen Kon­se­quen­zen (z. B. Über­ge­wicht, Rau­chen). Durch Furch­tap­pel­le kön­nen Ein­stel­lungs­än­de­run­gen erzeugt wer­den, die sich in kogni­ti­ven, affek­ti­ven und ver­hal­tens­be­zo­ge­nen Reak­tio­nen mani­fes­tie­ren. Wird nach star­ker Furcht­in­duk­ti­on eine prä­ven­ti­ve Maß­nah­me bzw. prä­ven­ti­ves Ver­hal­ten als sinn­voll und die Gefahr redu­zie­rend dar­ge­stellt, so zeigt sich häu­fig eine Umset­zung des emp­foh­le­nen Ver­hal­tens. (1)

Zei­chen von Spal­tung der Gesell­schaft sind inzwi­schen klar erkenn­bar. „Lie­be dei­nen Nächs­ten“ ist „Fürch­te dei­nen Nächs­ten“ gewi­chen. Der wis­sen­schaft­li­che Beweis bleibt unbe­rück­sich­tigt, dass lang­fris­ti­ger Stress, der auch durch Angst und Panik ent­steht, unser Immun­sys­tem schä­digt und uns damit für Infek­ti­ons­krank­hei­ten emp­fäng­li­cher macht. Angst macht bekannt­lich krank. Doch wann ist es genug mit der Angst ?

Der Bon­ner Viro­lo­ge Hen­drik Stre­eck erklärt im Gespräch mit der dpa, ver­öf­fent­licht im Grenz­Echo am 30.09.2020, dass das Gesund­heits­sys­tem für die kom­men­de Zeit sehr gut vor­be­rei­tet sei. Men­tal jedoch wäre man in Deutsch­land weni­ger gut vor­be­rei­tet. Es gibt zu viel Angst. (2)

Um etwas von der Angst zu neh­men könn­te man die Bevöl­ke­rung auf die eige­ne Resis­tenz­stär­kung sen­si­bi­li­sie­ren. Man könn­te die Men­schen über zwei­fel­haf­te Punk­te auf­klä­ren, wie es Jaap van Dis­sel – Direk­tor des Nie­der­län­di­schen Volks­ge­sund­heits­in­sti­tu­tes – wäh­rend einer offi­zi­el­len Pres­se­kon­fe­renz zum The­ma PCR-Tests getan hat.
„Es ist auch wich­tig zu rea­li­sie­ren, das ein posi­ti­ver PCR-Test bedeu­tet, dass man gene­ti­sches Mate­ri­al nach­weist. Es bedeu­tet aber per Defi­ni­ti­on nicht, dass man ein leben­des Virus nach­weist. Und es bedeu­tet per Defi­ni­ti­on auch nicht, dass man ein leben­des Virus nach­weist, von dem man krank wird.“ (3)

Sogar in der Deutsch­spra­chi­gen Gemein­schaft kann man hier und da ein zöger­li­ches Auf­kei­men der Auf­klä­rung beob­ach­ten, wenn bei­spiels­wei­se der Minis­ter Anto­nia­dis im Inter­view mit dem BRF erklärt, dass die Anzahl Infek­tio­nen an sich von zweit­ran­gi­ger Bedeu­tung sind und man sich erst Sor­gen machen soll­te, wenn die Anzahl Hos­pi­ta­li­sie­run­gen und die Ster­be­ra­te steigt. Dass die Zah­len heu­te anders zu bewer­ten sei­en als zu Anfang der Pan­de­mie. Im sel­ben Gespräch spricht er übri­gens auch davon, dass es nach­voll­zieh­ba­re Regeln braucht. (4)

Es besteht also noch Hoff­nung tat­säch­lich Brü­cken zur Bevöl­ke­rung zu bau­en anstatt die­se in Gei­sel­haft zu nehmen.

Wir von Vivant jeden­falls sind gegen eine Stra­te­gie, die wei­ter­hin die Spal­tung der Gesell­schaft vor­an­treibt und for­dern statt­des­sen eine Vor­ge­hens­wei­se, die zuneh­mend den Schutz der vul­ner­ablen Grup­pen sowie die Fol­ge­min­de­rung in den Fokus nimmt und die Gesell­schaft als sol­che wie­der ver­eint anstatt sie bewusst zu entzweien.

Doch Spal­tungs­fal­len lau­ern über­all. In der Aus­ga­be des Grenz­Echos vom 30.09.2020 erschien ein Arti­kel mit dem Titel „Exper­ten for­dern einen Coro­na-Kom­mis­sar – Rücken­wind für Abzei­chen“. In die­sem Arti­kel wird beschrie­ben, dass es ein Inter­es­se der Bel­gi­er an einem „Coro­na-Abzei­chen“ gäbe, wel­ches sicht­bar auf die Klei­dung ange­hef­tet wür­de und die Ach­tung der Bar­rie­re-und Hygie­ne­re­geln bestär­ken soll. Sol­che Anste­cker wür­den als „sozia­les Bin­de­glied“ fun­gie­ren und dadurch „coro­na-kon­for­mes Ver­hal­ten“ för­dern, dürf­ten aber durch­aus lus­ti­ge Slo­gans beinhal­ten. (5)

Lus­ti­gen Slo­gans zum Trotz; sicht­ba­re Abzei­chen zur Bestä­ti­gung einer gewis­sen Ideo­lo­gie oder gar zur Brand­mar­kung von Grup­pie­run­gen hat es in der Geschich­te der Mensch­heit schon öfter gege­ben. Wirk­lich funk­tio­niert hat es noch nie, im Gegenteil. 
Aber jetzt auf ein Neu­es, frei nach Gan­dhi „Die Geschich­te lehrt die Men­schen, dass die Geschich­te die Men­schen nichts lehrt“.
Da sol­che, anfäng­lich harm­los erschei­nen­den, Maß­nah­men beim Typus Mensch ja bekann­ter­ma­ßen instink­tiv zu Aus­gren­zun­gen und einer Pri­se Fana­tis­mus füh­ren, stellt sich uns die Fra­ge – was folgt auf sol­che Maß­nah­men ? – ab wann wird eine gewis­se Gren­ze über­schrit­ten ? – wann soll­te man als Gemein­schaft Stopp rufen ? Und ja, wir haben die Aus­sa­ge des Arti­kels ver­stan­den, dass es nicht um die Kenn­zeich­nung von Infi­zier­ten, son­dern mal wie­der NUR um den Schutz des Ein­zel­nen und der Mit­men­schen geht. Jedoch ist es ein schma­ler Grat von die­ser zur nächs­ten Idee.

Was hat der Vor­schlag ein sicht­ba­res Abzei­chen zu tra­gen mit “Brü­cken bau­en” zu tun, damit die arg stra­pa­zier­te Men­schen­ge­mein­schaft wie­der zu vereinen ? 
Genau, gar nichts! Es wäre eine wei­te­re klei­ne Etap­pe zur schritt­wei­sen Spal­tung der Gesellschaft.

Wenn das die neue Stra­te­gie sein soll, dann wird uns jetzt schon angst und bange.

Sol­che “Emp­feh­lun­gen” sind nicht ziel­füh­rend zu einer leben­di­gen, von der Gemein­schaft getra­ge­nen Demo­kra­tie. Die­se lebt von star­ken Bür­gern und seriö­sen Poli­ti­kern, wel­che im Gespräch und im Aus­tausch mit ande­ren nach Wegen und Mög­lich­kei­ten suchen das Bes­te für die All­ge­mein­heit zu tun. Es braucht also eine Dis­kus­si­on, ein Rin­gen um den bes­ten Weg, wie Weiz­sä­cker es mal umschrie­ben hat.

Und dafür braucht es Wis­sen, Mut und das Ein­ge­ständ­nis, dass man auch mal falsch lie­gen kann und ein ande­rer womög­lich eine bes­se­re Idee hat, wel­che dann gemein­sam aus­ge­ar­bei­tet wird zum Woh­le aller.

Dia­na Stiel
Alain Mertes
Micha­el Balter

 

(1) https://repository.publisso.de/resource/frl:4436997–1/data

(2) https://www.grenzecho.net/art/d‑20200929-GJ56TW?referer=%2Farchives%2Frecherche%3Fdatefilter%3Dlastyear%26sort%3Ddate%2520desc%26word%3Dstreeck

(3) https://www.youtube.com/watch?time_continue=5&v=ROF5UNdfq8k&feature=emb_logo

(4) https://brf.be/regional/1411803/

(5) https://www.grenzecho.net/art/d‑20200929-GJ5975?referer=%2Farchives%2Frecherche%3Fdatefilter%3Dlastyear%26sort%3Ddate%2520desc%26word%3Dabzeichen