Sekundar-Unterricht auch ohne Maskenzwang möglich

Vergangenen Donnerstag stellte der Vivant-Abgeordnete Alain Mertes, anlässlich der Kontrollsitzung des Ausschuss III für Unterricht und Ausbildung, seine Interpellation zum Maskenzwang an Sekundarschulen vor.

Es entstand eine lebhafte Debatte rund um das Thema Masken in den Schulen.

Erstaunlicherweise ist Vivant die einzige Partei im Parlament, die sich kritisch gegenüber dem Tragen von Masken äußert und die eine Abschaffung der Maskenpflicht in den Sekundarschulen fordert. Alle anderen, inklusive der beiden anderen Oppositionsparteien, verteidigten die Maskenpflicht als notwendig und alternativlos.

Der Nutzen der Masken ist umstritten, ob Herr Minister Mollers und die anderen Befürworter das nun wahrhaben wollen oder nicht. Die Handhabung dieses Maskentragens entbehrt zudem jeder Logik, da der Mundschutz beispielsweise auf dem Schulhof oder auf dem Fußballplatz abgelegt werden darf. Dort kommen sich die Schüler ja genau so nahe, manchmal sogar noch näher.

Der Unmut in der Bevölkerung ist allgegenwärtig, was sich nicht nur in der Form von Petitionen und der großen Interessengemeinschaft besorgter Eltern und Bürger unter dem Namen „Ostbelgien steht auf“ zeigt, die für ihre Kinder einstehen und sie nicht diesem Maskenzwang aussetzen wollen. Dabei sollte jedem freigestellt sein, ob er einen Mundschutz tragen will oder nicht. (1)

Die 297 Ärzte der Vereinigung „Docs 4 Open Debate“ warnen in ihrem offenen Brief u.a. davor, dass im Zusammenhang mit dem Tragen von Masken und sozialem Abstand, Ängste und induzierte Einsamkeit einen negativen Einfluss auf die psychische und allgemeine Gesundheit haben. Es handelt sich bei dieser Vereinigung größtenteils um Hausärzte, die in ihrer Praxis Jugendliche mit solchen Symptomen behandeln. Diese Ärzte sprechen also aus Erfahrung. (2)

Unter der Bezeichnung „Belgium Beyond Covid“ haben sich ebenfalls zahlreiche Ärzte renommierter Krankenhäuser sowie anerkannte Fachleute und Wissenschaftler aus den verschiedensten Bereichen zusammengeschlossen. Sie fordern in einem offenen Brief ein komplettes Umdenken im Umgang mit der Covid-19 Krise, sowie die Bildung neuer Expertengruppen. Dieser Vereinigung haben sich renommierte Fachärzte der Universitätskliniken in Brüssel und Löwen angeschlossen, sowie zahlreiche andere Fach- und Allgemeinmediziner und auch Experten aus den verschiedensten Bereichen. Ihr Appell ist alarmierend, und die im offenen Brief genannten Argumente beruhen auf fundierten Kenntnissen und Erfahrungen. (3)

Wie schon erwähnt gehen die Meinungen der Experten in Sachen Mundschutz weit auseinander. Auffallend ist jedoch, dass die wenigen Experten der GEES (mittlerweile ersetzt durch die „Celeval“) einen grundsätzlich anderen Standpunkt vertreten, als beispielsweise die rund 269 belgischen Kinderärzte die sich in der Pädiatrischen Taskforce zusammengeschlossen haben. Sie forderten unlängst in einem offenen Brief einen rationalen Umgang mit Mundschutzmasken und empfehlen das Tragen lediglich beim Stundenwechsel in den Fluren. (4)

Warum werden diese Experten nicht gehört? Sondern nur einige wenige, von der Premierministerin erlesene Personen? Sollte hier nicht beide Seiten gehört werden? Angesichts der Tragweite der Maßnahmen sollte darüber hinaus der wissenschaftliche Austausch öffentlich stattfinden, damit jeder Bürger sich ein Bild machen kann.

Immer wieder betont Herr Mollers, dass ohne Maskenpflicht der Unterricht nicht an allen Tagen hätte stattfinden können. Auch Ministerpräsident Oliver Paasch erklärte im August gegenüber dem BRF, dass, wenn Bildungsminister Mollers der Maskenpflicht an Sekundarschulen nicht zugestimmt hätte, der Schulunterricht nur an zwei Tagen alle zwei Wochen hätte stattfinden dürfen.

In Wirklichkeit ist es jedoch so, dass in dieser föderalen Phase die Entscheidungen zwar formell vom Innenminister getroffen werden, doch faktisch werden die Beschlüsse vom Nationalen Sicherheitsrat gefasst. Letzterer lässt sich von der Expertengruppe Celeval (vorher GEES) beraten. Auch der Ministerpräsident Paasch gehört dem Nationalen Sicherheitsrat an und ist bei allen Treffen anwesend.

Fakt ist ebenfalls, dass die Experten keine Entscheidungen treffen, sondern lediglich Empfehlungen aussprechen. Wir haben den Eindruck gewonnen, als wollten die verantwortlichen Politiker sich geschickt aus der Affäre ziehen, indem sie sich hinter Gremien und Experten verstecken.

Offensichtlich ist, dass weder Herr Mollers noch Herr Paasch sich gegen eine Mundschutzpflicht eingesetzt haben, dies geht aus verschiedenen Kommuniqués hervor. Sie tragen, entgegen ihrer Behauptungen, sehr wohl Verantwortung in dieser Angelegenheit und sollten unserer Meinung nach Farbe bekennen und dazu stehen.

Der Erlass des Innenministers ordnet nicht direkt eine konkrete Maskenpflicht an. Artikel 10 des Ministeriellen Erlasses vom 22. August (als Ergänzung zum Artikel 17 des Ministeriellen Erlasses vom 30. Juni 2020) lautet wie folgt:
 
„Im Rahmen des Pflichtunterrichts und des Teilzeit-Kunstunterrichts werden die spezifischen Bedingungen für die Organisation von Unterrichtsstunden und Schulen von den Unterrichtsministern auf der Grundlage des Gutachtens von Sachverständigen unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Kontextes und seiner möglichen Entwicklungen festgelegt. Diese Bedingungen beziehen sich insbesondere auf die Anzahl Anwesenheitstage in den Schulen, die einzuhaltenden Normen bezüglich des Tragens einer Schutzmaske oder anderer Schutzausrüstungen in den Einrichtungen, die Nutzung der Infrastrukturen, die Anwesenheit von Dritten und die Außenaktivitäten. Werden besondere Maßnahmen auf lokaler Ebene ergriffen, legen die Unterrichtsminister ein Verfahren fest, bei dem das Sachverständigengutachten eingeholt und die zuständigen Gemeindebehörden und die betroffenen Akteure einbezogen werden.“ (5)

Dieser sehr weit gefasste Artikel fordert die drei Unterrichtsminister des Landes auf, spezifische Bedingungen zu definieren. Doch nach eingehender Prüfung durch zwei Anwälte und einem Juristen, scheint es bis heute keine Veröffentlichung eines ministeriellen Erlasses oder eines ministeriellen Rundschreibens zumindest einer der 3 Bildungsminister des Landes zu geben, welche die Maskenpflicht in den Schulen anordnet und der, wie es gesetzlich vorgesehen ist, im Moniteur Belge veröffentlicht wurde, um rechtskräftig zu sein.

Wie ist es möglich, dass derart weitreichende Entscheidungen getroffen werden, die im Grunde nicht gesetzlich verankert sind?

Darüber hinaus sieht Artikel 10 explizit vor, dass besondere Bedingungen auf lokaler Ebene definiert werden können. Die Prozedur dazu ist von den drei Unterrichtsministern gemeinsam festzulegen und es ist vorgegeben, dass verschiedene Akteure konsultiert werden müssen. Hier gewährt der Artikel großen Spielraum, den der Bildungsminister hätte nutzen können, um die Maßnahmen auf Ebene der DG zu lockern und auf eine Maskenpflicht, vor dem Hintergrund des sehr niedrigen Infektionsgeschehen in Ostbelgien, weitestgehend zu verzichten.

„Wir hatten keine andere Wahl!“ sieht anders aus. Vivant fordert schon seit Beginn der Krise, dass die gesamte Gesellschaft zu einem besonnenen Umgang mit dem Coronavirus zurück kehrt sowie Angst- und Panikmache endlich beendet werden. Viele Experten, Ärzte und Wissenschaftler, in Belgien wollen genau das. Dass sie sich öffentlich zu Wort melden, sollte uns Mut machen, genau hinzuschauen. Denn es ist Zeit aufzuwachen und zu handeln!

Alain Mertes
Michael Balter
Diana Stiel

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